Walter Piel | 1923-2004
Walter Piel, Prof. Dr. phil.
geb. 18.12.1923 in Lötzen (Ostpreußen) - gest. 05.11.2004 in Dortmund (Westfalen)
Curriculum vitae
Walter Piel begann seine berufliche Laufbahn als Lehrer in Masuren. Während seiner Vorbereitung auf die Staatsprüfung hatte er sich bereits mit gestaltpsychologischen Fragestellungen und ihren didaktischen Implikationen auseinandergesetzt. Er wurde von Karl Mierke 1957 an der Universität Kiel promoviert und kam 1962 als Assistent zu Walter Asmus am Pädagogischen Institut Darmstadt. Mit Walter Asmus hat ihn eine lebenslange Freundschaft verbunden. Im Jahr 1966 folgte Walter Piel einem Ruf auf den Lehrstuhl für Heilpädagogische Psychologie an der Pädagogischen Hochschule Ruhr in Dortmund, der später in eine Professur für Rehabilitationswissenschaften umbenannt wurde. In Dortmund lehrte Walter Piel bis zu seiner Emeritierung. Gestalttheoretische Fragestellungen und Untersuchungen interessierten diesen souveränen Gelehrten bis an sein Lebensende.
Publikationen von Walter Piel (Auswahl)
- Probleme der Ganzheits- und Gestaltpsychologie als Grundlage ganzheitlicher Didaktik. Staatsprüfungsarbeit, Kiel 1952. (Abschlussarbeit.)
- Über die Wertgewichtigkeit der Motive im Leistungsgeschehen. Universität Kiel, Kiel 1957. (Dissertation bei Fritz Blättner und Karl Mierke).
- Zur Phänomenologie und Psychodynamik des Wollens. Psychologische Rundschau, 1965, Jg. 3. (Zeitschriftenbeitrag.)
- Lernen und Objektion. Schriften zur Sonderpädagogischen und Pädagogischen Psychologie. Normtest, Bad Homburg 1975. (Buchveröffentlichung.)
- Kleines Lehrbuch der Lernpsychologie. Georg Westermann Verlag, Braunschweig 1977. (Buchveröffentlichung.)
- Wissenschaftstheoretische Probleme der Sonderpädagogischen Psychologie. In: A. Bürli (hg.), Sonderpädagogische Theoriebildung, Luzern 1977. (Buchbeitrag.)
- Gestalttheorie als Wissenschaft und als Wissenschaftstheorie. In: Kurt Guss (Hg.), Gestalttheorie und Sozialarbeit, Dr. Dietrich Steinkopff Verlag, Darmstadt 1979, S. 1–21. (Buchbeitrag.)
- Das Erlernen von Motiven durch Objektion als Gestaltungsprozess. Referat auf der 1. Wissenschaftlichen Arbeitstagung der Gesellschaft für Gestalttheorie und ihre Anwendungen e.V., 28.04.1979. (Tagungsbeitrag.)
- Sonderpädagogik als Aufgabe. Festschrift für Prof. Dr. Walter Piel zum sechzigsten Geburtstag. Herausgegeben von Georg Klusmann, Verlag Peter Lang, Frankfurt 1984. (Festschrift.)
- Ressortleitung „Sonderpädagogische Psychologie“und Autor verschiedener Stichwörter in: Gregor Dupuis und Winfried Kerkhoff (Hg.), Enzyklopädie der Sonderpädagogik, der Heilpädagogik und ihrer Nachbargebiete. Edition Marhold, Berlin 1992. (Handbuchbeiträge.)
Kurt Guss erinnert sich an Walter Piel:
Als ich Walter Piel kennenlernte, war ich ein junger Assistent bei Prof. Dr. Rudolf Meis an der Universität Duisburg. Walter Piel begeisterte sich sofort für den Plan, eine Gesellschaft für Gestalttheorie zu gründen und er war auch augenblicklich bereit, an der Gründung und im Vorstand mitzuwirken. Auf seinen Vorschlag hin wurde Walter Asmus 1979 eins der ersten Ehrenmitglieder der „Gesellschaft für Gestalttheorie und ihre Anwendungen e.V.“
Walter Piel war ein Mann von großer Güte und von ebenso großer Bildung. Das mag folgende Begebenheit aus den späten achtziger Jahren zeigen:
Ich hatte im Rahmen von Piels Doktorandenseminar an der Universität Dortmund die Ehre, über meine Untersuchung „Gestalttheoretische Implikationen im Werk des preußischen Generals Carl von Clausewitz“ zu referieren. Es waren Doktoranden und Dozenten des Fachbereichs eingeladen. Die Reaktion der Teilnehmer reichte von Befremden bis hin zur offenen Empörung über jemanden, der sich als Psychologe mit blutigen Angelegenheiten wie dem Krieg beschäftigt. Ich war sprachlos und fühlte mich hilflos und allein. Piel sprang mir in meiner Not mit einem Satz bei, den ich nicht vergessen habe: „Wissenschaft beschäftigt sich unvoreingenommen und wertfrei mit allen Dingen, die in diesem universum naturalis vorkommen, ob sie uns nun gefallen oder nicht.”
Ich hatte das bis dahin für selbstverständlich gehalten, denn ich war ein Schüler Wolfgang Metzgers, der gern auf Kurt Lewins „Kriegslandschaft“ (1917) hinwies und der in seiner Psychologie meinte, man könne das Werk des Generals von Clausewitz als eine „Gestalttheorie des Krieges“ (1963, S. 7f.) bezeichnen. Dass man es in der Tat kann, durfte ich in einer Untersuchung nachweisen, für die ich den aufgeschlossenen Walter Piel als Doktorvater gewinnen konnte. Ja, aufgeschlossen war Walter Piel und er war auch lustig und für jeden Spaß zu haben. Das Foto aus dem Jahr 1979 zeigt Walter Piel lachend und liegend; die „Hintermänner“ sind: Hans-Jürgen Walter, Ulrich Groeben, Kurt Guss und Friedrich Hoeth (v.l.n.r.).